Gestern auf der IAA in München hatte ich die Möglichkeit, den Dacia Spring Electric zu testen. Leider war aufgrund von Innerstädtischen Demonstrationen eine Fahrt durch die Münchner Innenstadt nicht möglich – dennoch fanden die Probefahrten statt. Nachdem ich mich über die IAA Mobility App für die Probefahrt im Voraus schon angemeldet hatte, war die Abfertigung ziemlich schnell – und bekam dann natürlich einen Mitfahrer von Dacia dabei, der alles erklären könnte.
Außen: Auf dem Weg zum Auto musste ich kurz erschrecken, wie klein der Wagen doch ist. Ich habe gedacht, das er, zumindest mehr oder weniger in etwa so groß wie der Sandero Stepway wäre. Aber weit gefehlt. Er ist ganze 37 cm kürzer und 27 cm schmaler als ein Sandero Stepway. Um die Abmessungen einsortieren zu können: Er ist ungefähr so lang und breit wie ein VW Polo 86C, für die, die den noch kennen. Nur die Höhe ist ähnlich des Sandero Stepway. Ist schon klein, das Auto, wirklich. Ansonsten sieht er durchaus in Ordnung aus, insgesamt dem Sandero Stepway sehr ähnlich, nur irgendwie eben wie zu heiß gewaschen. Verarbeitung ist in Ordnung, soweit es auf die Schnelle zu prüfen war. 14 Zoll Reifen sind eher klein, aber bei dem kleinen Auto optisch durchaus passend.
Innen: Erstmal reingeklettert. Und ja, da ich doch eher kräftig gebaut bin, war es schon ein wenig Klettern. Vor allem zu 4 Personen. Also ich mit 2 Begleitern und der Dacia Mitarbeiter. Erstmal Sitz eingestellt – alles ein wenig enger und spartanischer als bei den meisten anderen Fahrzeugen. Der Sitz lässt sich problemlos einstellen, jedoch nicht in der Höhe. Das Lenkrad ist gar nicht verstellbar. Die Spiegel schnell eingestellt und alles ist soweit ok. Vorne habe ich aber entweder Schulterkontakt mit dem Beifahrer oder aber ich merke als Fahrer links an der Schulter den Türrahmen. Ist eben wirklich schmal, der Spring.
Hinten konnten die beiden auch ganz ok sitzen, aber eben auch nicht mehr und nur für kurze Strecken. Alles in allem kann man den Platz im Auto wirklich mit einem Polo 86C auch hier vergleichen. Die Materialanmutung ist schon das einfachste, was möglich ist. Sehr viele Plastikteile im Lieferwagen-Charme, Fensterheber sind aber vorhanden, genauso wie elektrische Spiegel und Navigation. Diese hat auch recht problemlos funktioniert.
Beim Getriebe muss man erst auf N stellen, dann den Wagen mit dem Schlüssel starten, also wirklich Oldschool, um danach per Drehregler auf D oder R stellen und die herkömmliche Handbremse lösen. Die Kopfstützen vorne sind für meine 1,84 m nicht hoch genug zu stellen, über hinten reden wir mal nicht.
Fahrleistungen + Rekuperation: Kurze Einweisung, alles eingestellt – und los. Aber Moment mal..... da ist a gar kein Startknopf. Nein, man muss wie früher üblich den Schlüssel reinstecken und drehen, dazu erst den Drehregler auf N stellen fürs Getriebe, dann kann man Starten. Sobald ein grünes „OK“ im Display aufleuchtet, ist der Wagen startklar. Also quasi wie das „Ready“ bei einigen E-Autos. Dann erstmal los und als wir an der ersten Ampel angekommen sind, konnte man die Fahrleistung testen. Und ich war ein wenig ängstlich und habe nicht wirklich was erwartet. Immerhin ist der Wagen mit nur 44 PS angegeben und 125 Nm. Ich hatte also eigentlich gar keine Erwartung an die Fahrleistung. Aber ja, er kommt im Stadtverkehr wirklich erstaunlich gut mit, hätte ich so nicht erwartet. Aber dennoch muss eigentlich immer Vollgas gegeben werden. Einmal das Tempo erreicht, kann man aber mit 1⁄4 bis 1⁄2 Gas das Tempo gehalten werden. Selbst Landstraßentempo war nicht das Problem. Einmal auf 100 beschleunigt und dann Tempo halten, war es wirklich ok. Nicht schnell, nicht mal ansatzweise, aber man konnte im Verkehr mitschwimmen. Aber natürlich auch nicht mehr bei der Leistung. Rekuperation war in Ordnung, man konnte es aber auch nur im Display erkennen und auch nirgends verstellen. Aber das hätte mich auch dann doch gewundert. 19,x Sekunden gibt Dacia vor für die Beschleunigung auf 100 km/h, und bei 125 km/h wird abgeregelt. Ich denke, viel mehr würde er mit der Leistung ohnehin nicht schaffen. Aber er beschleunigt gefühlt besser, als die alten 45 PS Anfängerautos, die einige von uns früher hatten. Vom Gefühl her würde ich ihm wohl rund 65-70 PS andichten, außer direkt beim Anfahren. Da ist er wirklich träge. Einmal in Bewegung zieht er ganz ok von 30- auf 55 km/h. Aber eben mehr geht auch nicht.
Fahren: Erstmal langsam vom Parkplatz runter, immerhin alles Messe und immer laufen irgendwo Messebesucher um einen herum. Langsam Richtung Messeausfahrt und dann die ersten Meter auf den Münchener Straßen. Die Angst, das ich als Wanderdüne unterwegs bin, hat sich nur so halb bewahrheitet. Man muss schon wirklich fast immer Vollgas geben, um auf Tempo zu kommen. Er kommt sehr träge aus dem Tritt. Danach geht es eigentlich.
Die Lautstärke ist deutlich angenehmer als ich es gedacht hätte. Natürlich nicht leise, aber eben auch keineswegs laut. Da war der schon zitierte 86C Polo sicherlich deutlich lauter. Man merkt, das er sehr quirlig ist aufgrund der Abmessungen – außerdem wiegt er als Elektroauto nur 1045 kg.
Ein Witz hingegen sind die 255 kg Zuladung. Wenn ich drin sitze, ist schon quasi alles erledigt. Oder ich gehe einfach nur Einkaufen damit. Positiv ist definitiv zu erwähnen, das es kein Poltern gibt, keine Geräusche beim Fahren. Alles macht das, was es soll. Nicht mehr, aber eben auch nicht weniger.
Wirklich mehr als 100 km/h will man damit aber glaube ich auch nicht fahren. Lenken war absolut leichtgängig, ich sag mal 2 Finger waren genug zum Lenken beim Abbiegen und Rangieren vom Kraftaufwand her. Einparken – hab ich persönlich nicht versucht auf der Fahrt, aber Rückfahrkamera war vorhanden, die vordere Haube ist gut einsehbar.
Assistenten: Da gibt es nicht viel zu sagen. Er hat einen Geschwindigkeitsbegrenzer, um nicht über Stadttempo zu beschleunigen. Bei der Leistung frage ich mich aber, ob nicht ein Tempomat wichtiger gewesen wäre als ein Tempobegrenzer. Weil zu schnell fährt man mit dem Wagen eher nie.
Verkehrszeichenerkennung, Spurhalteassistent oder oder gibt es alles nicht, kann somit auch nicht geprüft werden.
Bedienung: Die Bedienung ist grundsätzlich einfach. Allerdings die nicht beschrifteten Fensterheberschalter unter dem Navibildschirm sind eher gewöhnungsbedürftig. Der Drehregler vom Getriebe ist kein Problem, die manuelle Handbremse auch nicht – im Elektroauto aber doch eher ungewohnt. Das man aber im Gang abstellen sollte und zum Starten erst auf N drehen muss um zu „starten“, um danach wieder auf D oder R zu wechseln, ist ein wenig kompliziert. Alles andere ist ok und macht quasi die Basis des Autofahrens, für mehr ist der Wagen auch nicht gedacht. Klimaanlage ist doch eher grob geregelt – gibt nen AC Knopf für die Klimaanlage, dazu die Lüftungsstufen. Das war's.
Platzangebot: Doch ja, sehr knapp. Polo 86C, mehr Innengröße und auch Außenabmessungen gibt es nicht. Man ist sich dem Beifahrer in beiden Reihen sehr nah. Ich meine auch, das er nur als 4 Sitzer ausgelegt ist. Der Sitz war für mich zu hoch, eine Höhenverstellung gab es nicht. Dazu wäre das Lenkrad etwas tiefer besser gewesen für mich. Aber sei es drum.
Hinten ist Sitzen möglich, aber nicht schön. Also ich hatte im Honda E hinten mehr Platz, wenn der Fahrersitz für mich eingestellt war. Außerdem war der Honda E innen generell größer. Nur um das ganze mal ein wenig vorstellbar zu machen.
Der Kofferraum reicht für 2 Getränkekisten nebeneinander. Aber bei der geringen Zuladung ist das wohl sowieso eher weniger von Belang. Die Ladekante zum Einladen ist aber durchaus angenehm. Das Ladekabel befindet sich unter der Ladebodenabdeckung.
Infotainment + Navigation: Was soll ich dazu schreiben – es ist vorhanden. Das Navi tut, was es soll. Ob es aber Ladeplätze anzeigen kann, habe ich nicht ausgetestet. Apple Car Play oder Android Auto sind meines Wissens nach nicht vorhanden, ein USB-Anschluß ist aber direkt vorne am Radio zum einfachen benutzen vorhanden.
Qualitätsanmutung: Das einfachste vom Einfachen. Relativ plump ausgedrückt, aber es trifft es auch sehr genau. Ich würde sogar sagen , das Beispielfahrzeug Polo 86C war hier eher sogar von besserer Materialanmutung. Positiv hervorzuheben sei aber, das nichts beim Fahren klappert oder knarzt.
Das Lenkrad, hier nicht mit Leder bezogen sondern ein in die Jahre gekommen wirkendes Plastiklenkrad fasst sich nicht so schön an. Aber auch hier sei wieder erwähnt – er will wirklich nur für Leute sein, um von A nach B zu kommen. Und nicht mehr.
Verbrauch + Laden + Reichweite: Leider bin ich nicht so viel gefahren, als das ich wirklich einen Verbrauch klar aufzeigen könnte. Zumal es keine Anzeige gab dafür. Bei Fahrtbeginn und vollem Akku waren wir bei 198 km Reichweite. Nach 35 min gefahren und rund 30 km lagen wir noch bei 160 km. Soweit also alles gut, aber natürlich auch keine Wunder. Bei einer 27 kWh Batterie aber auch kein Wunder.
Das Laden ist doch eher unschön. Maximal sind per AC 6,6 kW möglich, das heißt eine volle Ladung dauert bei der Akkugröße rund 5 Stunden. Per DC sind es auch nur 30 kw maximal von 10 auf 80 %. Das ganze sollte dann in einer Stunde erreicht sein. Alles in allem eher ernüchternd. Aber natürlich preiswert herzustellen und dafür für den Dacia bestens geeignet. Die Reichweite mag auch knappe 200 km überschreiten, zumal wenn nicht ständig höhere Geschwindigkeiten gefahren werden. Das Problem der Testfahrt waren vor allem auch Aktivisten in der Innenstadt, sodaß wir damit mehr über Landstraßen fahren mussten, was sicherlich nicht das perfekte Einsatzgebiet für den Wagen ist. Ich denke, als Stadtverbrauch bei reinem Stadtverkehr im Test hätte der Verbrauch sich besser dargestellt.
Fazit: Nun, ich weiß nicht wirklich, ob man den Wagen empfehlen sollte. Das, was er können soll, macht er recht problemlos. Für knapp über 11.000 € gibt es nachdem man die Förderung abgezogen hat ein Elektroauto, was für's nötigste Fahren langt. Als Stadtauto als Zweitwagen oder für den Fahranfänger oder eher die Fahranfängerin sicherlich geeignet. Unterm Strich aber schon wenig Auto für's Geld, auch wenn die Ausstattung nicht so schlecht ist. Aber die Platzverhältnisse sind wirklich eng bemessen. Genauso wie die Leistung. Also absolut nur für Leute, die nichts vom Auto erwarten und nur das nötigste brauchen.
Hier finden Sie weitere Testberichte über Elektro-Autos
Quelle: Dominik König
Bild: Dacia