Es folgt ein Modell, wo ich schon 2 Konzernschwestern gefahren bin – ich bin wirklich gespannt, ob er mich dann schlußendlich vom Konzept überzeugen kann, oder ebenfalls ein Griff ins XXX wird. Die Rede ist vom Opel Corsa-E. Testbedingungen waren diesmal äußerst hitzig – bei rund 32 Grad sind wir nach Lüdinghausen gefahren, um uns das Fahrzeug anzusehen. Eine große Einweisung gab es nicht, nach einer Frage, ob ich schon mal ein E-Auto gefahren sei. Also los ging es.
Außen: Von Außen betrachtet fällt es einem kaum auf, das es sich um den Elektro-Corsa und nicht um einen normalen Verbrenner handelt. Die Ausbuchtung, die für den Auspuff eigentlich gedacht ist, wird einfach mit einer in Wagenfarbe lackierten Blende abgedeckt. Es gibt nichts aufsehen erregendes an dem Corsa, alles sieht aber solide verarbeitet aus. Auch die Spaltmaße stimmen. Was mir nicht gefällt ist, wie groß doch der Tankdeckel ausgeführt ist – da frag ich mich sogar beim Verbrenner, warum das so groß sein muss. Aber so ist es nunmal – wurde sicherlich auch im Hinblick auf die Kosten nichts dran verändert.
Innen: Positiv zu erwähnen ist auf jeden Fall, das es für den Corsa als einer der wenigen Kleinwagen einen Sitz mit AGR-Gütesiegel für „Aktion gesunder Rücken“ gibt. Außerdem mit Massagefunktion. Die Sitze sind gut verarbeitet, man kann die Höhe des Sitzes gut auf die eigenen Bedürfnisse einstellen. Das Lenkrad ist in beide Richtungen verstellbar, sowohl die Höhe als auch die Reichweite. Einmal platzgenommen, begegnet einem das typische Corsa Bild.
Fahrleistungen + Rekuperation: Tja was soll ich sagen, leider wurde mein Gefühl der anderen PSA Fahrzeuge bestätigt und er fühlte sich doch eher träge an. Dann fiel mir ein, das der Modus ja ausschlaggebend für die Leistungsabgabe ist. Also schnell mal Sport angewählt. Und ja, er hatte da mehr Leistung. Aber für 136 PS in einem Corsa doch eher wenig. Den handgestoppten Spurt aus dem Stand auf 100 km/h waren immerhin 9,4 Sekunden. Den Punch, den eigentlich ein Elektroauto auch mit wenig Leistung ausmacht, das er die gewünschte Leistung SOFORT abrufbereit hat, ist leider in all diesen PSA-Fahrzeugen, so auch beim Corsa, nicht vorhanden. Er fühlt sich da leider eher wie ein Verbrenner an. Leider geht dieses Bild bei der Rekuperation weiter. Über den Wählhebel durch „B“ aktiviert, hat man schon die stärkste Rekuperationsstufe und leider ist sie für ein Elektroauto in meinen Augen zu schwach. Gerade da macht es ein Elektroauto aus, das man gerade im Citybereich kaum noch bremsen muss – also mit der Betriebsbremse, sondern eigentlich fast ausschließlich mit dem Fahrpedal das ganze regulieren kann. Er rekuperiert ok, aber eben auch nicht mehr.
Fahren: Das Fahrwerk ist relativ gut abgestimmt, jedoch sind kurze Stöße auf Landstraßen schon recht deutlich zu merken. Ansonsten gibt es keine Auffälligkeiten. Er hat deutlich mehr Komfort, als ich es vom Corsa erwartet hätte. Sogar verhältnismäßig sportlich konnte man den E-Corsa um die Kurven bewegen, was sicherlich ihm auch zu Gute kommt ist der tiefe Schwerpunkt durch die tief angeordnete Batterie. Ansonsten fuhr er wenig aufgeregt, leise – das muss ich wirklich betonen.
Assistenten: Gut fand ich, das er über einen Spurassistenten verfügte. Jedoch finde ich, wenn ich mich fast im Straßenrand befinde, ist der Zeitpunkt zum Eingreifen ein wenig spät gewählt. Desweiteren ist die Übersichtlichkeit und somit Bedienung der Assistenten nicht wirklich intuitiv. Einmal damit befasst, wird es wohl funktionieren – aber es geht einem nicht so einfach von der Hand. Der Tempomat, hier vor allem der adaptive Tempomat, hat jedoch gut funktioniert und den Abstand gut gehalten. Sogar eine Schildererkennung war vorhanden, wenngleich nicht aktiv auf den Tempomaten zugreifend. Aber ist immerhin ein Fahrzeug der Kleinwagenklasse.
Eine Rückfahrkamera war ebenfalls verbaut, wenngleich die Auflösung besser sein könnte. Aber zum reinen Einparken ist es auf jeden Fall ausreichend.
Bedienung: Soweit es das normale Fahren betrifft, ist der Wagen wie ein Verbrenner zu fahren keine Besonderheiten oder Auffälligkeiten. Einzig das man zum ziehen des Wählhebels wirklich noch einen Knopf betätigen muss, halte ich für ein wenig zu Oldschool – hat heute eigentlich keiner mehr. Die Schalter auf dem Lenkrad sind optisch teilweise etwas zu gleich – sodaß man bei einem schnellen Blick diese auch mal verwechseln kann. Zum Kombiinstrument muss ich sagen, das es eigentlich gut ausführt ist. Es sind die wesentlichen Funktionen zu finden, nicht mit Informationen überfrachtet. Leider finde ich die Umschaltmöglichkeit ein wenig ungünstig, da man sich doch schwer tut, den Bordcomputer, also eine Art Momentanverbrauch, erkennen zu können. Ich weiß zwar, das es geht – bei der Probefahrt gelang es mir aber nicht, den Verbrauch aufzurufen.
Platzangebot: Das Platzangebot war durchaus angenehm für ein Fahrzeug dieser Klasse. Man konnte sowohl vorne als auch hinten angenehm sitzen. Der Kofferraum ist klassenüblich, leider aber mit Ladekante im inneren, also keine Ebene Ladefläche vom Einladen in den Kofferraum. Zudem besitzt der E-Corsa leider keinen Frunk, sodaß die Kabel entweder unter dem Kofferraumboden oder im Kofferraum transportiert werden müssen und Platz verloren geht – oder man bei einer Reise nur unzureichend Zugriff darauf hat.
Infotainment + Navigation: Das im Testwagen verbaute Navigationssystem emfand ich als eher träge. Außerdem war die Sprachbedienung, also die Spracheingabe zur Programmierung des Navigationssystems, nicht wirklich hilfreich, da es auch nach mehrmaligen, extra deutlich gesprochenen Sätzen, nicht funktionierte. Das können Andere besser.
Toll hingegen finde ich, das in aller Regel Android-Auto und Apple Car Play vorhanden ist. Find ich für die Kleinwagenklasse, was ja auch oft junge Personen fahren, sehr gut. Negativ ist mir aufgefallen beim Navigationssystem, das der Bildschirm zwar wirklich schön groß ist, leider aber links und rechts ein Balken stehen bleibt, wie bei einem 4:3 Film auf einem 16:9 Monitor – finde ich heute nicht mehr zeitgemäß, das Bildschirmfeld nicht komplett zu nutzen.
Qualitätsanmutung: Das Armaturenbrett ist optisch angenehm gestaltet und auch unterschäumt. Lediglich der untere Armaturenbrettbereich ist wirklich preiswertes Plastik – erinnerte doch stark an Kompaktklasse der 90er Jahre. War nich so angenehm. Den Dachhimmel find ich nicht sehr ansprechend – zieht fäden teilweise und sieht ebenfalls wie aus den 90ern aus. Da hätte man sich für das Geld glaub ich schon was besseres einfallen lassen können. Vieles ist mit Klavierlack ausgeführt, was erstmal ganz schick aussieht, aber natürlich schnell verschmutzt.
Leider fühlten sich auch die Türverkleidungen eher preiswert an, war mehr Lieferwagencharakter als Kleinwagen,
Verbrauch + Laden + Reichweite: Die Ladeleistung, die ich nicht selbst überprüft habe, ist natürlich für ein Auto in dem Segment wirklich sehr gut. Die Reichweite hingegen ist, genauso wie bei den anderen PSA Fahrzeugen, nach dem Start eine sehr angenehme Vorhersage. Beim Fahren wird man dann aber schnell eines besseren belehrt. Das passt mir nicht so wirklich. Der Verbrauch widerum war beim Corsa definitiv besser als bei den anderen von mir getesteten PSA-Modellen. Dazu war es ziemlich warm und der Wagen musste erstmal die 32°C Außentemperatur und die daraus resultierende Innenraumtemperatur herunterkühlen. Dennoch lag er auf der Probefahrt bei unter 18 kWh / 100 km. Fand ich wirklich in Ordnung. Ich denke – 14 bis 15 kWh sind bei normalem Wetter und längerer Fahrstrecke durchaus realistisch.
Fazit zum Corsa ist leider das gleiche wie bei den anderen PSA Fahrzeugen: Er ist soweit in Ordnung, fährt sich auch nicht schlecht, ich erwarte aber mehr für ein Elektroauto diesen Baujahres. Denn das meiste kann ein Hyundai Ioniq schon vor 5 Jahren besser! Der Verbrauch ist gut, die Verarbeitung soweit auch, wenngleich die Materialien hier und da besser sein könnten. Ladeleistung ist auf jeden Fall positiv hervorzuheben. Alles in allem aber maximal ein befriedigend mit der Tendenz zu ausreichend, auch weil spezielle für Elektroautos interessante Bereiche nicht wirklich toll umgesetzt sind, wie zB Frunk, Rekuperation und Punch beim spontanen Beschleunigen.
Quelle: Dominik König
Bild: Opel